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Thesen zum Krieg in der Ukraine

So wie ein großer Teil der Menschheit seit langem und bis heute denkt und handelt, war dieser Krieg unvermeidlich. Und man fragt sich, ob diese „feindseligen Neigungen“ unausrottbarer Bestandteil der menschlichen Natur sind.

Georg Büchner: „Dantons Tod“, 2. Akt, 5. Szene: »Wer will der Hand fluchen, auf die der Fluch des Muss gefallen? Wer hat das Muss gesprochen, wer? Was ist das, was in uns lügt, hurt, stiehlt und mordet?«

Kant 1793: „Der Neid, die Herrschsucht, die Habsucht und die damit verbundenen feindseligen Neigungen bestürmen alsbald seine an sich genügsame Natur, wenn er unter Menschen ist.“

Ich weiß, hoffen und harren macht manchen zum Narren! Aber als Lebenselexier und Antrieb bleibt das ‚Dennoch‘! oder das ‚Aber immer noch!‘, wie es meine Tochter formulierte, wenn sie als 5/6jährige auf ihrer Ansicht beharrte, obwohl ihr gerade die Argumente fehlten.


Dieser Krieg ist kein Krieg zwischen Russland und der Ukraine, sondern einer um Mackinders ‚Herzland‘ und damit um die Verfügungsgewalt über Eurasien und ein weiteres Jahrhundert US-amerikanischer Vorherrschaft. Es geht darum, eine Verbindung zwischen Russland und Europa (vor allem Deutschland) zu beiderseitigem Vorteil zu verhindern. Deswegen haben die USA auch alles daran gesetzt, den Deutschen Nordstream 2 zu verbieten.

George Friedman:
„Das Hauptinteresse der US-Außenpolitik während des letzten Jahrhunderts, im Ersten und Zweiten Weltkrieg und im Kalten Krieg waren die Beziehungen zwischen Deutschland und Russland. Vereint sind sie die einzige Macht, die uns bedrohen kann. Unser Hauptinteresse war sicherzustellen, dass dieser Fall nicht eintritt.“…
„Die Frage, die sich jetzt für die Russen stellt: Werden sie die Ukraine wenigstens als eine neutrale Pufferzone erhalten, oder wird der Westen soweit in die Ukraine vordringen, dass er nur noch 100 km von Stalingrad und 500 Km von Moskau entfernt ist. Für Russland ist der Status der Ukraine eine existenzielle Bedrohung. Und die Russen können das nicht ignorieren. Und wie weit werden die USA gehen, falls Russland sich weiterhin an die Ukraine klammert?“
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„Die Urangst der USA ist, dass deutsches Kapital und deutsche Technologien sich mit russischen Rohstoffen und russischer Arbeitskraft verbinden – eine einzigartige Kombination, vor der die USA seit Jahrhunderten eine Höllenangst haben.
Wie wird sich das also abspielen? Die USA haben ihre Karten bereits auf den Tisch gelegt: die Linie zwischen dem Baltikum und dem Schwarzen Meer. Die russischen Karten lagen schon immer auf dem Tisch: Das Mindeste was sie brauchen ist eine neutrale Ukraine, keine pro-westliche.

These: Die Ukrainer sind nur das Kanonenfutter, die sich für die Zwecke der USA aufreiben sollen.

These: US-Strategen wie Brzezinski, Friedman und die Neo-Konservativen vom PNAC (Projekt für ein Neues Amerikanisches Jahrhundert) verfolgen diese Strategie seit langem. Brzezinski, der 2017 verstarb, aber dessen außenpolitisch-militärische Richtlinien immer noch wesentlich für die US-Politik sind, beschrieb, warum die Ukraine für die Beherrschung Eurasiens entscheidend sei und setzte sich dafür ein, Russland in der Ukraine ein zweites Afghanistan zu bereiten und die Ukrainer deshalb für den Häuserkampf auszurüsten und zu trainieren.

„Die Ukraine, ein neuer und wichtiger Raum auf dem eurasischen Schachbrett, ist ein geopolitischer Dreh- und Angelpunkt, weil ihre bloße Existenz als unabhängiger Staat zur Umwandlung Russlands beiträgt. Ohne die Ukraine ist Russland kein eurasisches Reich mehr … Wenn Moskau allerdings die Herrschaft über die Ukraine mit ihren 52 Millionen Menschen, bedeutenden Bodenschätzen und dem Zugang zum Schwarzen Meer wiedergewinnen sollte, erlangte Russland automatisch die Mittel, ein mächtiges, Europa und Asien umspannendes Reich zu werden.“ 1

Excerpts from Brzezinski’s remarks beim Atlantic Council 2014: On America’s need to consider providing weapons for a long, urban guerrilla war by Ukrainians

„Wenn wir die Russen vom Einmarsch abhalten wollen, müssen wir sie davon überzeugen, dass es kostspielig und langwierig sein wird. Es wird nur kostspielig und langwierig, wenn die Ukrainer kämpfen.  Die Ukrainer werden nur dann kämpfen, wenn sie glauben, dass sie irgendwann Hilfe aus dem Westen erhalten werden, insbesondere in Form von Waffen, die für eine erfolgreiche Verteidigung notwendig sind. Sie werden die Russen nicht auf offenem Feld besiegen, wo Tausende von Panzern anrücken.  Sie werden sie nur auf eine Weise schlagen: durch anhaltenden Widerstand in den Städten. … Dann wird der Krieg kostspielig. Dann steigen die wirtschaftlichen Kosten für die Russen dramatisch an, und dann wird der Krieg politisch aussichtslos. Aber um eine Stadt verteidigen zu können, muss man Panzerabwehrwaffen in der Hand haben, man muss Raketen in der Hand haben, man muss eine gewisse Organisation haben.“ April 29, 2014 2

These: Sie stehen damit in der Nachfolge der Truman-Doktrin, von Churchills Eisener-Vorhang-Rede, dem ‚langen Telegramm‘ von Mr. X und der daraus folgenden Politik der Eindämmung (Containment, s.a. ‚Cordon sanitaire‘) der Sowjetunion und Chinas.

These: Angebote der Sowjetunion, in Europa eine neutrale Zone zu schaffen, wurden zurückgewiesen. Stattdessen wurden die NATO, CENTO , SEATO und ANZUS gegründet und die Aufrüstung forciert. Die Militär-Ausgaben der NATO-Staaten sind heute etwa 20 mal so hoch wie die Russlands.

These: Dazu gehörte die Remilitarisierung Westdeutschlands und die Aufnahme in die NATO.

Der von den Amerikanern eingesetzte Bundeskanzler Adenauer hatte noch 1949 geäußert:„In der Öffentlichkeit muss ein für allemal klargestellt werden,dass ich prinzipiell gegen eine Wiederaufrüstung der Bundesrepublik Deutschland und damit auch gegen die Errichtung einer neuen deutschen Wehrmacht bin.“ (Konrad Adenauer im Dezember 1949.) Auch der spätere Verteidigungsminister Strauß äußerte, ihm solle „der Arm abfallen, wenn er jemals wieder eine Waffe anfassen würde.“
Aber in Wirklichkeit wurde gemäß der Devise Churchills („Wir haben das falsche Schwein geschlachtet:“) die Wiederaufrüstung gegen die Sowjetunion betrieben und nach Wegen gesucht, sie den Deutschen, die nach der Nazi-Zeit und dem 2. Weltkrieg die Nase voll hatten (Nie wieder Faschismus! Nie wieder Krieg! 75% der Bevölkerung war gegen eine Wiederaufrüstung), schmackhaft zu machen. Adenauer 1953 in Harvard: „Wir vereinigen und bewaffnen uns, um einen Angriff zunichte zu machen und um die Grundlagen für einen Frieden zu legen – einen wirklichen Frieden, nicht für eine scheinbare und feige Befriedung.“

These: Seit dem ersten Weltkrieg gilt in jedem Krieg die Phrase, es sei ein Krieg zur Beendigung aller Kriege („The war to end all wars“).

These: Nach der Auflösung der Sowjetunion versuchten die USA mit Hilfe der Harvard Boys zusammen mit russischen Raffzähnen wie Chubais, Gaidar und Chodorkowski und dem Quartalssäufer Jelzin Russland mittels Schocktherapie zu privatisieren und zu oligarchisieren. Das ist zu großen Teilen auch gelungen.

These: Putin wurde von dem Oligarchen Beresowski und von Jelzin als Jelzins Nachfolger bestimmt. Sie hielten ihn für eine leicht lenkbare Marionette, täuschten sich aber. Putin hat der Übernahme des Landes durch den Raubtierkapitalismus Grenzen gesetzt.

„Es kommt nun auch die Rückwirkung der neu entstandenen Güterverteilung in Betracht. Hierbei ist zunächst das physiologische Faktum festzustellen, daß in jeder Krise eine bestimmte Quote von fähigen, entschlossenen und eiskalten Menschen mitschwimmt, welche mit der Krisis nur Geschäfte machen und vorwärts kommen wollen und eben dasselbe mit dem Gegenteil oder überhaupt mit etwas anderem wollen werden. Diese Art der Haltefest, Raubebald und Eilebeute schwimmt um jeden Preis oben, und um so viel sicherer, da kein höheres Streben sie irre macht. Dieser und jener von ihnen wird freilich erwischt und geht unter, allein die Sorte als solche ist ewig.“ 3

Die ehemalige Sowjetunion, kurz UdSSR, hat bis Anfang der 90er Jahre ganz Osteuropa, ganz Nordasien sowie große Teile Zentralasiens umfasst. Die UdSSR erstreckte sich bis 1990 über 22.402.223 Quadratkilometer und zählte noch 290.100.023 Einwohner. Russland hat jetzt 144 Millionen Einwohner.

Bis die Sowjetunion ab 1990 zu zerfallen begann, waren folgende Länder Teil der Sowjetunion:
Armenien, Aserbaidschan, Estland, Lettland, Litauen, Georgien, Kasachstan, Kirgisien, Moldawien, Tadschikistan, Turkmenien/Turkmenistan,Ukraine, Usbekistan, Weißrussland/Belarus.

Die NATO-Osterweiterung seit 1999 umfasst 14 Länder:

  • 1999: Polen, Tschechien, Ungarn
  • 2004: Esland, Lettland, Litauen, Rumänien, Bulgarien, Slowakei, Slowenien
  • 2009: Albanien und Kroatien
  • 2017: Montenegro
  • 2020: Nordmazedonien
Nato-Mitglieder und Grenzen der Sowjetunion bis 1991 und bis/ab 1999

vom Westen. Gier und Skrupellosigkeit und ein buchstäbliches Über-Leichen-Gehen haben zur Klasse der Oligarchen geführt. In den USA nannte man die Protagonisten dieser Art „Haltefest, Raubebald und Eilebeute“ dunnemals ‚robber barons‘.

Die Vereinigten Staaten zählen laut „Forbes“ aktuell (2020) 614 Milliardäre. Russland hat nur 99 Superreiche vorzuweisen. Russische Tycoons sind jedoch vermögender. Während auf jeden US-Superreichen im Durchschnitt knapp 5 Mrd. Dollar entfallen, sind es bei den Russen fast 40 Mrd. Dollar. China hatte 2020 456 Milliardäre.

Etwa 60.000 Menschen gehörten 2020 zur Kaste der sogenannten ‚Ultra High Net Worth Individuals‘, einem der exklusivsten Clubs der Welt. Voraussetzung: Mindestens 100 Millionen Dollar.

Entgegen den Zusagen der damaligen Außenminister Baker und Genscher wurde die NATO beständig erweitert, wurden Waffen aller Art einschließlich Raketen immer näher an die Grenze Russlands gebracht.

usagen: Washington D.C., December 12, 2017 – U.S. Secretary of State James Baker’s famous “not one inch eastward” assurance about NATO expansion in his meeting with Soviet leader Mikhail Gorbachev on February 9, 1990, was part of a cascade of assurances about Soviet security given by Western leaders to Gorbachev and other Soviet officials throughout the process of German unification in 1990 and on into 1991, according to declassified U.S., Soviet, German, British and French documents posted today by the National Security Archive at George Washington University 4

Außenminister Genscher in Washington 1990 (ca. 2:30):

„Wie waren einig, dass nicht die Absicht besteht, das NATO-Verteidigungsgebiet auszudehnen nach Osten. Das gilt übrigens nicht nur in Bezug auf die DDR, die wir da nicht einverleiben wollen, sondern das gilt ganz generell.“

Waffen, z.B. Panzer für Polen: 15. Juli 2021„Ab Ende 2022 soll Polen 250 Kampfpanzer M1A2SEPv3 Abrams erhalten …  Das Beschaffungspaket schließt neben den Kampfpanzern auch Unterstützungsfahrzeuge, Pakete für Ausbildung (einschließlich Simulatoren) und Logistik sowie große Munitionsvorräte ein.“ Das sei mehr als der gesamte Panzerbestand der Bundeswehr.

Vor kurzem verkündete Polens Verteidigungsministerium, 250 Abrams-Panzern der USA anzuschaffen. Ein massiver Ausbau der eigenen Panzerstreitmacht. Polens Zukauf ist größer als der gesamte Panzerbestand der Bundeswehr, von zurzeit circa 244 Leopard II


Unter dem Vorwand, sich gegen den Iran (Mitglied der ‚Achse des Bösen‘) wehren zu müssen, wurden von den Amerikanern Raketen-Basen in Polen und Rumänien gebaut und in Betrieb genommen.

Russland fühlte sich zunehmend eingekesselt und bedroht. Die Eingliederung der Ukraine in die NATO war und ist für Russland eine rote Linie. Das wurde vom Kreml wiederholt und unmissverständlich geäußert. Die Forderung nach einer neutralen Ukraine vor der Haustür ist auch nicht maßlos.

In dieser Auseinandersetzung zwischen Ost und West, zwischen Unipolarität und Multipolarität, in der die Hauptauseinandersetzung zwischen den USA und China (und hier) staffindet, haben wir keinen Grund, uns auf eine Seite zu schlagen.

 Es gab auch keinen Grund, sich auf die Seite der USA zu schlagen, als sie das British Empire als vorherrschende Weltmacht ablösten.

The West’ ist zwar die aggressivere Seite, die im Namen der Humanität und der Menschenrechte (z.B. R2P in Libyen und „The price is worth it!“ im Irak) unzählige Kriege führte und führt, aber China und Russland bieten keine Alternative, weder in Bezug auf soziale Gerechtigkeit noch in Bezug auf kriegerische Auseinandersetzungen, obwohl sie deutlich zurückhaltender als ‘The West’ agieren.

Bei der Einverleibung der DDR durch ‘The West’, die Genscher angeblich nicht wollte, gab es Bestrebungen, einen eigenen politischen Weg zwischen Ost und West zu gehen.

Im Streben nach einer sozial gerechteren und friedlichen Welt können wir daran anknüpfen. (z.B. „Berliner Appell“)

Auch wir kommen nicht darum herum, einen eigenen Weg mit friedens-politischen Forderungen außerhalb des üblichen Denkrahmens zu (ver)suchen, obwohl sie jetzt diskreditiert werden und man lieber mit Maske für den Frieden durch Waffenlieferung demonstriert.

Unsere Forderungen:

  • Frieden schaffen ohne Waffen
  • Rüstungskonversion. Das Verbot von Waffenlieferungen an das Ausland wären damit hinfällig, weil ja keine Waffen mehr produziert würden.
  • Auflösung der NATO.
  • Keine fremden Truppen auf deutschem Boden. Schließung von Ramstein.
  • Abschaffung der Atomwaffen, was ja einschliesst, keine Atomwaffen auf deutschem Boden zu haben.
  • Abschaffung der Bundeswehr, die es ja nach 1945 auch nicht gab und die nur gegen großen Widerstand wiedereingeführt wurde.

Anmerkungen:

1 Zbigniew Brzezinski: Die einzige Weltmacht – Amerikas Strategie der Vorherrschaft, S. Fischer, 4. Aufl., Frankfurt am Main 2001, S. 74 f
2 https://www.atlanticcouncil.org/commentary/event-recap/the-eastern-edge-of-a-europe-whole-and-free/
3 Jacob Burckhardt , ‚Weltgeschichtliche Betrachtungen‘, Kap. IV, ‚Die geschichtliche Krisen’S. 182
4 http://nsarchive.gwu.edu

(Willi Maurer/ 14.04.2022)