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Die Ukraine-Krise und ihre Auswirkungen

Vortrag von Jörg Bodewell, Mitglied derBasis Pankow

Liebe Basistas,
wenn man die Auswirkungen der Ukrainekrise auf das Leben der Menschen in Deutschland einschätzen möchte, sollte man immer die historischen Zusammenhänge im Blickfeld haben, um Ursache und Wirkung einschätzen zu können und damit mögliche Maßnahmen für eine Verbesserung der Lage zu erreichen.
Deshalb möchte ich einige Aussagen voranstellen:

1. Die Krise ist nicht durch die Militäraktion Russlands entstanden, sondern ausschließlich durch die Umsetzung der geostrategischen Ziele der USA/NATO. Nachlesen oder ansehen kann man sich das bei Zbignev Brzinski in seinem Buch „Die einzige Weltmacht“, dem Auftritt von George Friedman (https://www.youtube.com/watch?v=xC4epLO3ArE) oder dem Beitrag der Rand Corporation von 2019 „Overextending and Unbalancing Russia “. was eine Anleitung zu einem Krieg der USA (NATO) gegen Russland auf allen möglichen Feldern außer einem heißen Krieg ist.
Deutschland ist nicht souverän bei seinen Entscheidungen, sondern ist USA-Vasall!
(4+2, Truppenstatut, UNO-Feindstaatenklausel, Aussage Egon Bahr)

2. Die Militäraktion der Russischen Armee hätte verhindert werden können:

  • wenn die Minsker Abkommen durch die Ukraine umgesetzt worden wären mit entsprechendem Druck durch die Garantiemächte Deutschland und Frankreich und wenn der durch Russland angebotene schriftliche Vertrag über Sicherheitsgarantien zwischen USA/NATO und Russland angenommen worden wäre.
  • wenn es die eskalierenden Aussagen des Präsidenten Selensky auf der Münchener Sicherheitskonferenz zur Wiederaufrüstung mit Atomwaffen und die Entdeckung von Plänen der Ukrainischen Armee zur „Befreiung“ des Donbass und der Krim nicht gegeben hätte.

3. Die Militäraktion ist nicht völkerrechtswidrig. Es herrscht seit 8 Jahren ein Krieg der Ukraine gegen den Donbass mit überwiegend ethnischen Russen einschließlich russischer Staatsbürger. Und während die UN-Charta einseitige Kriegshandlungen verbietet, sieht sie in Artikel 51 auch vor, dass „nichts in dieser Charta das inhärente Recht auf individuelle oder kollektive Selbstverteidigung beeinträchtigt“. Und dieses Recht auf Selbstverteidigung wurde so ausgelegt, dass es den Staaten erlaubt, nicht nur auf tatsächliche bewaffnete Angriffe, sondern auch auf die Gefahr eines unmittelbar bevorstehenden Angriffs zu reagieren. Darauf wird in der Berichterstattung der Leitmedien nicht eingegangen.

4. Alle in diesem Zusammenhang beschlossenen Wirtschaftssanktionen sind völkerrechtswidrig, da sie nicht durch den UN-Sicherheitsrat bestätigt wurden.

5. Die Mainstream-Propaganda tut alles, um die tatsächliche Situation emotional und falsch einseitig darzustellen, damit die Bereitschaft für Opfer in Deutschland steigt.

Die tatsächlichen Kriegsereignisse vollziehen sich anders als in unseren Medien berichtet. So sind laut Scott Ritter, einem US-amerikanischen Militärspezialisten und ehemaligen UNO-Waffeninspekteur, ca. 200.000 Russische Militärangehörigen an der Operation beteiligt. Dem stehen die zwei- bis dreifache Anzahl an Soldaten der Ukraine gegenüber. Wenn Russland die Ukraine erobern wollte, müßten die Verhältnisse umgekehrt sein. Die militärischen Ziele wurden überwiegend erreicht und die Zivilbevölkerung und Infrastruktur weitestgehend geschont.
Mit der Zerstörung der Militärinfrastruktur der Ukraine und der wichtigsten Eisenbahnknotenpunkte kommt die westliche Militärtechnik nicht im avisierten Umfang an und wird vielfach zerstört. So meldete das Russische Verteidigungsministerium, das seit Beginn der militärischen Sonderoperation Stand 26.05.22 insgesamt 179 Flugzeuge, 127 Hubschrauber, 1.019 Militärdrohnen und 302 Boden-Luft-Raketensysteme, 3.266 Panzer und andere gepanzerte Kampffahrzeuge, 351 Mehrfachraketen- werfer, 1.440 Feldartilleriegeschütze und Mörser sowie 2.796 militärische Spezialfahrzeuge zerstört wurden. Hinzu kommt, das ein Teil der Lieferungen auf dem Schwarzmarkt landet.

Welche Auswirkungen haben die Sanktionen und die umfangreichen Waffenlieferungen an die Ukraine?

1. Der bewaffnete Konflikt wird nicht beendet, sondern soll bis zum letzten Ukrainer geführt werden. Das wird zwar nicht direkt gesagt, ist aber die Denkweise der US-Strategen. Das führt zu weiter wachsenden Flüchtlingszahlen in Deutschland und damit wachsenden Kosten im Haushalt.
Laut gemeldeter Zahlen gibt es bereits mehr als 700.000. Die Kosten werden auf monatlich mindestens 5.000 € pro Person veranschlagt. Das sind 4,2 Mrd. €/Jahr. Ab heute gilt auch, daß anerkannte UA-Flüchtlinge Hartz IV beantragen können und über die Arbeitsagenturen vermittelt werden können. Dadurch wid es eine weitere Anspannung auf dem Arbeitsmarkt geben.
Hinzu kommen die Bereitstellung eines Sondervermögens (woher kommt das eigentlich) von 100 Mrd. € für die Bundeswehr und mehrere Mio. € für Waffenlieferungen in die Ukraine. Das Rüstungsbudget Russland liegt übrigens bei ca. 65 Mrd. $ (wer bedroht eigentlich wen?).
Die Staatsverschuldung Deutschlands beläuft sich aktuell auf mehr als 2,3 Billionen € = >28.000 € pro Kopf der Bevölkerung. Hinzu kommt, dass die EU (obwohl sie das laut Vertrag nicht darf), erneut gemeinsame Schulden durch Anleihen für die Finanzierung der laufenden Ausgaben der Ukraine aufnehmen will, für die nächsten drei Monate bis zu 15 Mrd. $. Davon wird Deutschland den größten Anteil zurückzahlen müssen.

2. Senkung des Lebensstandards durch Inflation, Preissteigerungen bei Energie und allen Waren des täglichen Bedarfs. Die beschlossenen Ausgleichsmaßnahmen sind nur ein Tropfen auf den heißen Stein und helfen den Geringverdienern, Rentnern und dem Mittelstand nicht wirklich.

3. Infolge der angedachten Abkopplung von Russischen Rohstoffen und dem Rückzug aus dem Russischen Markt kommt es zu massiven Produktionsstörungen, insbesonders in der chemischen Industrie dem Baugewerbe und Maschinenbau. Z.B. Hat Siemens seine 170-jahrige Tradition auf dem russischen Markt beendet. Das Ergebnis wird ein Anstieg der Arbeitslosenzahlen und Verringerung der Wirtschaftsleistung sein.

Allein die die Hälfte des Pipeline-Gases kommt aus Russland

Die Kapazitäten von Nordstream 1 und 2 sind jeweils 55 Mrd. qm/Jahr. Die Yamal Pipeline hat 33 Mrd. qm. Die Kapazität der Pipelines durch die UA beträgt 40 Mrd. qm. Das durch Flüssiggas zu ersetzen ist in den nächsten Jahren nicht möglich. Unter Berücksichtigung der Klimamaßnahmen und der Nutzung von Erdgas als Brückentechnologie, ist das ein Todesstoß für die deutsche Wirtschaft, von dem wir uns nie wieder erholen würden.

Ein weiterer Punkt sind die langfristigen Verträge mit garantierten Abnahmemengen bis 2030. Wenn wir auf Russische Lieferungen verzichten müssen wir trotzdem bezahlen. Also weshalb dieser hörige Wahnsinn. In Bezug auf die Klimafrage kommt ein weiterer Punkt zum tragen. Selbst wenn Erdgas allmählich als Energierohstoff endet könnten die Pipelines weiterhin genutzt werde, nämlich für Wasserstoff, den man als Kraftstoff für Fahrzeuge und in Wasserstoff-Kraftwerken einsetzen könnte.

Monatliche Entwicklung des Grenzübergangspreises:

*) ohne Erdgassteuer, TJ = Terajoule/ Quelle: Bundesamt für Wirtschaft und AK.

Für Erdöl aus OPEC-Ländern stieg der Preisindex gegenüber 2015 auf 291 im April diesen Jahres. Aber mit dem Verzicht Deutschlands wird die PCK-Raffinerie und die Leuna-Raffinerie in Merseburg wohl vor dem Aus stehen. Das trifft uns im Osten besonders.

4. Zerstörung der kulturellen, wissenschaftlichen und anderen gesellschaftlichen Zusammenarbeit zwischen Deutschland und Russland. In der kompletten Kulturszene wird von russischen Künstlern verlangt, sich bedingungslos vom russischen Präsidenten zu distanzieren oder sie werden gekündigt, ausgeladen sowie ihre Werke entfernt. Denkmäler werden geschändet, ukrainisch missbraucht oder gesperrt. Bisheriger Höhepunkt war der Auftritt des UA-Botschafters, der behauptet, ukrainische, nicht sowjetische Soldaten hätten Berlin befreit. Das große kulturelle Erbe Russlands wird einfach negiert.

5. Deutschland disqualifiziert sich als diplomatisches Kompetenzzentrum. Früher (vor 1933) und in den Jahren bis Genscher hatte die deutsche Diplomatie einen guten Ruf in der Welt. Der ist angeschlagen seit Joschka Fischer und ist nun endgültig zerstört. Wenn der Russische Außenminister Lawrow sagt: „Deutschland hat den letzten Anschein von Unabhängigkeit verloren, seit die aktuelle Regierung an der Macht ist“, ist das offensichtlich.
Deutschland war mit Willi Brandt und Egon Bahr Architekt der Entspannungspolitik in Europa. Diese Zeit ist vorbei. Eine Aussage wie, „Frieden ist nicht alles, aber ohne Frieden ist alles nichts“ scheint in der deutschen Politik nicht mehr tragbar, was von der Vasallentreue unserer führenden Politiker zeugt. Es gilt, diese zu beenden. Neben einer Absage an den WHO Pandemie-Vertrag muss auch endlich die Unterschrift unter den Atomwaffenverbotsvertrag geleistet sowie die Auflösung der US-Basen in Deutschland gefordert werden, damit diese Waffen endlich von deutschem Boden verschwinden.

6. Das Verhalten der Menschen wird zunehmend irrationaler. In der Gesellschaft verlieren die Menschen in erschreckendem Maße die Fähigkeit des eigenständigen Denkens durch die permanente Verbreitung von Angst, erst mit der Klimakrise, dann mit Corona und nun der Russischen Gefahr. Die Vorsitzende des Verteidigungsausschusses des Bundestages Strack-Zimmermann sagte erst vorgestern im Interview mit dem Radaktionsnetzwerk Deutschland dazu passend „Wir brauchen ein Feindbild – z.B. Rußland – damit die Menschen verstehen, warum das Sondervermögen, das ja auch nur ein Nettokreditaufnahme ist, für die Rüstung eingesetzt werden soll.“
Die deutsche Professorin für Europapolitik und Demokratieforschung, Ulrike Guerot, sagte in einem Interview: „Wir erleben ein Ansteigen der Angst. Eine Gesellschaft, die Angst hat, tendiert dazu, nicht mehr rational zu sein.“ Wer Angst hat zieht sich in den eigenen Cocon zurück oder läßt sich bereitwillig von der Regierung führen in der Hoffnung den Lebensstandard zu halten.

Ehemaliger russischer Soldat verkauft Backwerk auf der Straße des 17. Juni

Noch ein Wort zur Hungerkrise: Die UA-Armee hatte zu Beginn der Militäroperation Rußlands alle Häfen vermint, damit die Russische Marine keine Truppen und Militärgerät anlanden und auch niemand flüchten kann. Ausländische Schiffe mit ihren Besatzungen konnten so auch als Geiseln dienen. Deshalb konnten auch die Transporte von Weizen u.a. landwirtschaftlichen Produkten nicht auslaufen.

Die Probleme der Lebensmittelsicherheit haben aber schon deutlich vor der Militäroperation begonnen. Seien es die Sanktionen im Finanzsektors und des Transports für Düngemittel aus Rußland und Weißrußland oder das Wirken westlicher Agrarkonzerne in Afrika, Süd- und Mittelamerika sowie Asien. Das führt zu Saatgutmangel, Monokulturen und Landverödung. Ebenso wie beim Gas ist der Börsenhandel von Lebensmittel tödlich für die Bevölkerungen nicht nur in den ärmeren Ländern.

(Jörg Bodewell)

Fotos: ©scottiberlin