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Bundesverfassungsgericht weist Klagen gegen einrichtungsbezogene Impfpflicht zurück

(Ein Kommentar von Tinne Wardelbutich)

Obwohl ich als Pädagogin in der Ambulanten Hilfe tätig bin und mit gesunden Kindern und Jugendlichen arbeite (und zudem, wie der Name schon sagt: ambulant, d.h. im häuslichen Umfeld, in Therapieräumen meines Trägers oder auf der Straße in der 1:1-Begleitung), bin ich von der einrichtungsbezogenen Impfpflicht betroffen. Aus diesem Grund habe ich mich einer der Verfassungsbeschwerden angeschlossen. Im Anschluss an das Urteil des Bundesverfassungsgerichtes fand am 08.06.22 ein Zoom-Meeting mit dem Anwalt Justus Hoffmann dazu statt. Ergebnisse hieraus sind:

Mit diesem Urteil werden bisher geltende Rechtsgrundsätze, die es nicht erlauben, ein Leben gegen das andere abzuwägen (nämlich das Leben der vulnerablen Gruppen gegen das Leben der potentiell durch die Impfung gefährdeten), auf den Kopf gestellt.

Aus Erfahrungen der Geschichte heraus (Nationalsozialismus und DDR) wurde dieses Verbot (eben ein Leben gegen das andere abzuwägen) in das Rechtssystem der Bundesrepublik eingearbeitet. Dies stellt einen gefährlichen Paradigmenwechsel dar, der verhindert werden muss.

links: Betroffene in einem Pflegeheim

Zudem besteht hierdurch die Gefahr, dass ein quasi rechtsfreier Raum geschaffen wird, in dem Tatsachen nicht mehr überprüft werden können und eine Angemessenheitsprüfung nicht mehr stattfinden kann, welche die Grundlagen für jede gerichtliche Entscheidung sind. Denn wer könnte in diesem Fall jemals auf welcher Grundlage entscheiden, dass wirklich durch die durchgeführten Maßnahmen mehr Leben geschützt wurden als gefährdet wurden.

Die einrichtungsbezogene Impfpflicht ist bisher zeitlich bis zum 31.12.2022 begrenzt. Dem Einwand, dass sie gegen die Grundrechte der Bundesrepublik verstoße, begegnete das Gericht mit dem Argument, dass es ja möglich sei, sich für die Übergangszeit eine andere Arbeit zu suchen. Dies wirkt insbesondere auf alle in der Pflege und im Gesundheitssystem arbeitenden Menschen geradezu höhnisch, denn die Impfpflicht bezieht sich ja auf den gesamten Berufsbereich dieser Personen. Sollen sie also nun in der boomenden Baubranche eine vorübergehende Anstellung finden??

Dieser Punkt bedeutet jedoch auch, dass das letzte Urteil noch nicht gesprochen ist, denn falls die Impfpflicht, entgegen der Vermutungen von Herrn Hoffmann, verlängert werden sollte, so müsste sich das Gericht gerade diesbezüglich eine plausible Erklärung einfallen lassen.

Bleiben wir wachsam und standhaft!

Protest vor dem Vivantes-Klinikum Friedrichshain

Pressemitteilung der „Ärztinnen und Ärzte für individuelle Impfentscheidung:

Schlag ins Gesicht für alle Beschäftigten im Gesundheitswesen

Das Bundesverfassungsgericht hat am Donnerstag (19.05.2022) erste Klagen gegen die einrichtungsbezogene Impfpflicht für die Beschäftigten im Gesundheits- und Pflegebereich abgewiesen. Dabei berief sich das Gericht entgegen aller wissenschaftlicher Erkenntnis in erster Linie auf den Fremdschutz. Ebenfalls ließ das Gericht unberücksichtigt, dass keiner der aktuellen COVID-Impfstoffe eine Ansteckung substanziell verhindert. Für die Ärztinnen und Ärzte für individuelle Impfentscheidung (ÄFI), die in dem Verfahren als sachkundiger Dritter eine Stellungnahme abgegeben hatten, ist das Urteil auch eine Niederlage für den Rechtsstaat.

Seit dem 15. März gilt die einrichtungsbezogene Impfpflicht. Nachdem das BVerfG bereits vor diesem Termin zahlreiche Verfassungsbeschwerden und Eilanträge gegen die Regelung abgewiesen hatte, bestätigte es nun diese Entscheidung im Hauptsacheverfahren.

Die Karlsruher Richter führten in erster Linie das Argument des Fremdschutzes an. Die Impfung aller Beschäftigten im Gesundheitswesen könne dazu beitragen, alte und kranke Menschen zu schützen. Geimpfte seien bei einer COVID-Infektion weniger und kürzer infektiös als nicht Geimpfte. Ebenfalls sei nicht zu beanstanden, dass der Gesetzgeber keine milderen Mittel als die Impfung zum Schutz vulnerabler Menschen berücksichtigt habe.

Das Gericht erkannte zwar an, dass die einrichtungsbezogene Impfpflicht einen Eingriff in die Berufsfreiheit der Beschäftigten im Gesundheitswesen darstellt. Dies sei jedoch zum Schutz vulnerabler Menschen gerechtfertigt.

Quelle:

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Fotos: ©scottiberlin