
1. Mai – Für Frieden und soziale Gerechtigkeit
Der erste Mai wird in Deutschland als „Tag der Arbeit“ begangen. Schon seit den 1890er Jahren galt dieser Tag als internationaler Kampftag der Arbeiterbewegung. Während sich in der Weimarer Republik keine Mehrheit finden konnte, diesen Tag zum gesetzlichen Feiertag zu ernennen, vereinnahmten die Nazis den 1. Mai per Dekret als bezahlten arbeitsfreien Tag.
Bis heute versammeln sich unterschiedliche politische Kräfte vornehmlich aus dem linken Lager zur öffentlichen Meinungsäußerung. Während noch bis in die Nuller Jahre derartige Veranstaltungen mit offen ausgetragenen Straßenschlachten zwischen Polizei und Linksradikalen endeten, ist es seit Jahren friedlicher geworden. In den Parks herrscht Volksfeststimmung, allerorten wird gegrillt, gesoffen und neuerdings erlaubter Weise gekifft.
Und doch finden sich immer wieder beherzte Menschen, die an die politische Bedeutung des ehemaligen internationalen Kampftags gemahnen. Mehr als zwanzig Demonstrationen waren angemeldet, insgesamt über 10.000 Teilnehmer waren zu beobachten, so die „Berliner Zeitung“.
Die Freie Linke hatte im Bündnis mit anderen Gruppierungen, unter anderem der Partei dieBasis, zur Kundgebung mit anschließendem Umzug aufgerufen. Versammlungsort und Wegstrecke waren klug gewählt. Das Maiwetter zeigte sich von seiner prachtvollsten Seite. Tausende überwiegend junge Menschen bevölkerten den Treptower Park und die Hafenanlagen an der Spree. Insbesondere die unter 30-Jährigen zeichnen sich seit längerem durch einen bemerkenswert offen zur Schau getragenen Konformismus aus. Widerstand gegen die Staatsräson, nicht zuletzt gegen das Säbelrasseln der Regierigen, leisten derweil die Älteren, deren Wurzeln oft in der traditionellen Friedens- und Anti-AKW-Bewegung der 70er und 80er Jahre liegen. Die Auseinandersetzung mit den demokratiegefährdenden „Corona-Maßnahmen“ rüttelte zudem etliche vormals unpolitische Bürger wach, die sich inzwischen dieser neuen Friedensbewegung angeschlossen haben.
Das Besondere an ihr ist, wie es der Sänger und Autor Jens Fischer Rodrian auf den Punkt brachte, das hundertprozentig friedliche Agieren der Aktivisten und Sympathisanten. Entsprechend entspannt schauten die Ordnungshüter drein.
Es gab nur einen Zwischenfall: Einer der Pankower Basistas kam mit einem selbst gebastelten Sticker „Nazis gegen rechts“. Die Polizei teilte nicht dessen Humor und nahm „zur Sicherheit“ die Personalien auf. Zuvor wurde er befragt, ob er denn wirklich ein „Nazi“ sei.
Am Rande der Veranstaltung hatte es sich unter einem Baum mit gebührendem Abstand ein Häuflein Staats-Antifanten bequem gemacht. Man musste schon genauer hinschauen, um sie unter den Massen von Menschen zu bemerken. Störungen, wie wir sie bei den Montagsspaziergängen an der Gethsemane-Kirche erlebten, blieben aus. Die Meinungsfreiheit, die seit einigen Jahren stärker als je gefährdet ist, gilt für alle, auch für die Verblendeten, Uneinsichtigen und Desinteressierten.
(Scotti)
Fotos: ©scottiberlin