
Alle Jahre wieder – der Run auf die Sekundarstufe.
Jüngst gab es einen digitalen Info-Abend des Schulamtes Pankow bezüglich der weiterführenden Schulen in Berlin ab Klasse 7. Da die Grundschulzeit nach der 6. Klasse endet, müssen alle Familien zum 7. Schuljahr eine neue Schule finden – also ein ähnliches Drama durchmachen wie schon bei der Kita-Platz-Suche und der Jagd nach dem besten Grundschulplatz.
Im Februar 2025 gibt es 3450 Sechstklässler – oder wie die netten Beamten sagen, Sechstklässler(Geschlechtslücken-Pause)innen – und 2520 Schulplätze. Es fehlen also 930 Schulplätze, allein in Pankow. Kann ja keiner ahnen, wie viele Kinder pro Jahrgang geboren werden und dann 12 Jahre später in die 7. Klasse müssen.
Letztes Jahr (2023/24) fehlten auch schon über 900 Plätze und am Ende mussten 340 Kinder außerhalb des Bezirks zwangszugewiesen werden. Die anderen 560 kamen noch unter, weil die Privat-, Sport- u. Ballettschulen sowie Wegzüge bei der Planung nicht mit einkalkuliert werden (können).

Gut gemeint oder Indoktrination? (Schulhof in Weißensee)
Und Pankow hat begehrte Schulen. Da es in Berlin im Gegensatz zu Hamburg eine von der Wohngegend unabhängige Schulwahl gibt, werden auch aus anderen Bezirken noch etliche Bewerber an Pankower Schulen hinzukommen.
Wer einen Platz bekommt, entscheidet etwa zur Hälfte die Schule, bei der sich eine Familie mit ihrem Erstwunsch im März bewerben muss, der Rest wird unter Zeugen gelost und dokumentiert. Ende Juni ergehen dann die Zuweisungsbescheide an die Eltern und das große alljährliche Hin- und Herschieben von Schülern zwischen den Schulen beginnt in aller Hektik, denn es bleiben nur noch wenige Tage bis zu den Sommerferien, die man sich nicht in Anwaltskanzleien und mit verzweifelter Schulsuche versauen will. Das Schulamt rät den Eltern bei Unzufriedenheit Widerspruch einzulegen, wovon in Pankow jährlich reichlich Gebrauch gemacht wird.
Um Abhilfe zu schaffen sucht die Stadt händeringend Architekten und Bauplaner, die weitere Schul-Container auf die immer kleiner werdenden Schulhöfe stellen.

Schul-Container: Hasengrundschule in Niederschönhausen (Foto: anonym)
Dafür müssen selbst gegen den Protest der Schulen Bäume weichen und die Schüler wie Heringe auf den immer kleiner werdenden Höfen zusammengepfercht werden (zum Beispiel bei der Heinz-Brandt-Schule in Weißensee). Nichts mehr mit ’ner Runde Fußball in der Pause.
Und ob diese Baracken dann eine ästhetisch einladende und gesunde Lern-Atmosphäre bieten, steht nochmal auf einem ganz anderen Blatt. Der akute Lehrermangel und hohe Krankenstand trägt ebenfalls zum Bildungsnotstand bei, den das Schulamt auch offen als solchen bezeichnet.
Bei Vermittlung der übrig gebliebenen Schüler an Schulen außerhalb des Bezirks bemüht sich das Schulamt immerhin, dass kein Schüler länger als eine Stunde Schulweg hat – also bis zu zwei Stunden pro Tag und das bei einer Pflichtanwesenheit von etwa 8 Uhr morgens bis 16, manchmal 17 Uhr, oft ohne die Versorgung mit einem warmen Mittagessen, weil es auch an Lieferdiensten mangelt (zum Beispiel bei der Hagenbeck-Schule in Weißensee).
Wird sich der Schüler – ups, ich meine natürlich die Schüler(Geschlechtslücken-Pause)in – später vielleicht romantisch verklärt daran zurückerinnern, wenn er/sie/es sich als Erwachsener dank Arbeitsplatzmangel zuhause langweilt oder wird diese Erinnerung einfach per Mausklick gelöscht, weil nichts mehr auf Papier festgehalten wird, wie in der Heinz-Brandt-Schule, die ausschließlich mit iPads arbeitet?
Annette B.
Alle Parteien versprechen alles, so auch Verbesserungen im Bildungswesen. Das Gegenteil ist der Fall. Es mangelt an Schulplätzen und Lehrern gleichermaßen. Zwei Millionen Unterrichtsstunden fallen aus an Berliner Schulen oder werden nicht regulär gegeben, so die Initiative „Volksbegehren Unterrichtsgarantie“ schon 2014. Das waren 10% des Unterrichts.
2023/24 wurde jede siebte Unterrichtsstunde nicht gegeben, so der Tagesspiegel im März letzten Jahres. Seit Jahren läuft die GEW Sturm gegen den Missstand. Jede Woche fallen an Berlins Schulen inzwischen 23.000 Stunden aus. Änderung zum Guten wird es auch mit der nächsten Regierung nicht geben, egal wie sie heißt. (Sc.)
Fotos: ©scottiberlin